Beschluss des Landesvorstandes am 18. April 2016

Der Landesvorstand dankt der BN-Kreisgruppe München und dem BN-Arbeitskreis Wald für ihre bisherigen Aktivitäten und den gemeinsam erarbeiteten Vorschlag zum Umgang mit dem Asiatischen Laubholzbockkäfer. Er hat auf dieser Grundlage nachfolgende Position einstimmig beschlossen:

  1. Die zuständigen Behörden müssen sofort Klarheit über die tatsächliche Verbreitung des Käfers schaffen. Es ist die Einrichtung einer entsprechenden „Einsatzgruppe ALB“ sowie eine angemessene finanzielle Ausstattung erforderlich. Hierzu bedarf es klarer politischer Vorgaben.
  2. Die Einfuhr von befallenem Verpackungsholz ist schnellstmöglich durch geeignete Maßnahmen zu unterbinden.
  3. Werden die unter 1 und 2 genannten Bedingungen nicht erfüllt, ist die Einstufung als Quarantäneschädling zurückzunehmen und die Ausrottungsstrategie mit Fällungen aller Hauptwirtsbaumarten im 100 m Radius ist zu beenden. Der BN fordert stattdessen nur Bäume mit ALB Befall (Nachweis von Eiablagen-, Ausbohrlöchern) zu fällen. Hier müssen bayerische Staats- und deutsche Bundesregierung auf EU-Ebene tätig werden.
  4. Im Zuge der laufenden Ausrottungsstrategie sollen die Behörden gehalten werden, die Ausnahmeregelungen des Anhang III, 3. (1) b) des Durchführungsbeschlusses (EU) 2015/893 der Kommission vom 9. Juni 2015 so konsequent wie möglich anzuwenden.
  5. Ein Bundesprogramm zur effektiven Eindämmung bzw. zum Management des ALB ist einzurichten.
  6. Es soll festgestellt werden, welche wirtschaftlichen Schäden durch den ALB-Befall entstanden sind.

Hintergrund

Der BUND Naturschutz (BN) beobachtet seit geraumer Zeit die Entwicklung des Asiatischen Laubholzbockkäfers (ALB) und seiner Bekämpfung mit Besorgnis: Der erste Befall des ALB in Deutschland wurde 2004 entdeckt.

Obwohl der Käfer bereits vor über 10 Jahren in Deutschland festgestellt wurde, ist es mit der aktuellen Ausrottungsstrategie nur in einem Befallsgebiet (Neukirchen am Inn) hierzulande gelungen ihn auszurotten.

Es wurden in den letzten beiden Jahren neue Befallsgebiete gefunden: 2014 waren dies Neubiberg, Schönebach und Magdeburg. 2015 kamen ALB Funde in Weil am Rhein, im Riemer und Putzbrunner Wäldchen in München sowie in Grenzach – Wyhlen, 2016 in Kelheim hinzu.

Die Einschleppungswege sind bekannt. In Holzverpackungen erreicht der ALB vorwiegend mit Natursteinsendungen aus dem chinesischen Raum Europa.

Der ALB befällt ein breites Spektrum von Laubbäumen und kann diese laut offiziellen Angaben unter Umständen sogar zum Absterben bringen. Deshalb wurde er von der EU als Quarantäneschädling eingestuft. Nach einer EU Verordnung müssen Sendungen bestimmter Warengruppen nach einem Standard (ISPM Nr. 15) der IPPC (International Plant Protection Convention) seit 2002 begast oder erhitzt werden, um mögliche Schädlinge abzutöten. Stichproben belegen aber, dass diese Behandlung nicht immer erfolgreich ist (vgl. „Forstschutz aktuell“ Heft 59 August 2014, Bundesforschungszentrum für Wald, Wien unter Mitwirkung der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft). Diese Studie zeigt, dass trotz Bekämpfung im Herkunftsland und Einfuhrkontrollen in 8 % der Holzverpackungen lebende Stadien von Käfern gefunden wurden, obwohl nachweislich eine Bekämpfung vor der Ausfuhr erfolgt ist.

Ein Stempel und der Vermerk der Bekämpfung in den Begleitpapieren garantieren somit keine Befallsfreiheit. Stichprobenumfänge von bis zu 30% werden dieses Problem auch weiterhin nicht lösen.

Die bisherige Praxis der Einfuhrkontrolle ist somit unzureichend!

Eine Ausrottungsstrategie kann aber nur dann zielführend sein, wenn der Nachschub ausgeschlossen werden kann. Diese Vorgabe wird aber derzeit nicht erfüllt.

Die effektivste und kostengünstigste Bekämpfung ist die Ausrottung direkt bei der Einfuhr. Nur an diesem Punkt der Einschleppung ist mit relativ geringem personellen und finanziellen Aufwand der ALB zu stoppen. Ist er erst auf der Fläche angekommen steigen die Kosten für die Ausrottung dramatisch.

Wird nach der Einschleppung ein Entwicklungsstadium des ALB gefunden, ist EU-weit eine umfassende Ausrottungsstrategie vorgeschrieben: zunächst werden alle Bäume, die vom ALB befallen sind gefällt. Dann werden in einem nächsten Schritt alle potentiellen Wirtsbaumarten im 100m Umkreis um jeden befallen Baum gefällt. Das bedeutet, dass im Umkreis von 100 Metern um jeden befallenen Baum aktuell bis zu 16 Gattungen von Laubbäumen komplett gefällt werden, weil sie vom ALB befallen sein könnten. Diese Fällungen bedeuten unter Umständen die weitgehende Vernichtung von innerstädtischem Grün und wertvollem Waldbestand. Der ALB selbst hat seit seiner Entdeckung noch kaum einen Baum vollständig zum Absterben gebracht. Deshalb stellt sich die Frage nach seiner tatsächlichen Gefährlichkeit.

Die bisherigen ALB-Vorkommen waren Zufallsfunde. Das bedeutet, es gibt keine sicheren Erkenntnisse über die tatsächliche Verbreitung oder über die möglicherweise bereits erfolgte Etablierung. Genau dieser Umstand lässt die erfolgreiche Ausrottungsstrategie fraglich erscheinen. Ein Monitoring mindestens an potentiellen Einfallstoren wie Binnenhäfen, im Umgriff von Steingroßhändlern und kommunalen Steinlagern ist aus Sicht des BN unerlässlich, um die Verbreitung zumindest einschätzen zu können. Dort ist die Wahrscheinlichkeit eines bereits vor Jahren erfolgten Befalls besonders groß. Geschieht dies nicht, besteht die Gefahr, dass hier lediglich die Spitze des Eisbergs bekämpft wird. Auch namhafte Wissenschaftler gehen von einer bereits erfolgten Etablierung aus und bezweifeln die flächendeckende Ausrottbarkeit des ALB.

Der Käfer sollte in den Befallsgebieten weiterhin überwacht werden, auch befallene Bäume zu fällen, wäre nach Ansicht des BN zur Regulierung der Käferpopulation denkbar.

Eine derartige Eindämmungsstrategie bzw. ein Management des Käfers wäre nach Ansicht des BN sinnvoller, als eine aussichtslose Ausrottung zu forcieren, die innerstädtisch verheerende Folgen für den Baumbestand, das Stadtklima und damit die Lebensqualität der Menschen hat. Außerdem wären unter Umständen große Waldgebiete durch Fällungen bedroht.